Schiedsrichter haben einen schweren Job und fallen meistens nur dann auf, wenn sie schlechte bzw. falsche Entscheidungen treffen. Sehr schnell kann der Unparteiische zu einem Feindbild werden, da es gerade bei großen Bewerben um alles oder nichts gehen kann. Mit Schiedsrichterentscheidungen können Titel stehen oder fallen.
Jüngste Präzedenzbeispiele
Die Bundesliga-Saison 2013/14 hat wieder einmal hitzige Debatten bezüglich Richtlinien und Schiedsrichterentscheidungen ausgelöst. Bereits das Saisoneröffnungsspiel zwischen Rekordmeister Bayern München und Borussia Mönchengladbach sorgte für Gesprächsstoff und hat den Vorsitzenden der Schiedsrichterkommission, Herbert Fandel, dazu veranlasst, Bilanz zu ziehen.
Zwei Handelfmeter binnen zwei Minuten sprach Schiedsrichter Tobias Welz dem Titelverteidiger zu (beide verursacht durch den Mönchengladbacher Alvaro Dominguez). Am nächsten Tag wurde ein klares Tor von Kevin Volland für 1899 Hoffenheim gegen den 1. FC Nürnberg nicht gegeben.
Das „Phantomtor“ von Bayerstürmer Stefan Kießling in Sinsheim gegen Hoffenheim ist ein weiteres Präzedenzbeispiel, das Diskussionen rund um Richtlinien und Regelungen für Schiedsrichterentscheidungen ausgelöst hat. Hier war es Schiedsrichter Felix Brych, der mit seiner Entscheidung wochenlang die Schlagzeilen dominierte. Kießling hatte in der 70. Spielminute einen Kopfball seitlich durch ein Loch im Netz ins Tor katapultiert. Der Schiri gab den Treffer zum 0:2. Das Kuriose daran: Hoffenheimer Ersatzspieler haben Brych wenige Minuten später auf das Loch hingewiesen, was jedoch folgenlos blieb. Der Referee hielt an seiner Entscheidung fest. Laut Spiegel beteuerte Kießling immer wieder, er habe nicht gesehen, wie der Ball im Netz gelandet ist.
Kurz Nach dem Spiel ging in den sozialen Netzwerken ein Shitstorm über den Leverkusener Kießling nieder. Er selbst gab auch zu, es hätte sich nicht um ein reguläres Tor gehandelt. Der ehemalige Schiedsrichter Markus Merk sprach sich auf Sky für ein Wiederholungsspiel aus und beteuerte die Wichtigkeit von technischen Hilfsmittel für Schiedsrichter, die besonders in schwierigen bzw. mehrdeutigen Situationen alle Beteiligten aus der Schusslinie nehmen würden.
„Einheitliche Linie“ fehlt
Der Vorsitzende der Schiedsrichterkommission Herbert Fandel will in der Winterpause eine Zwischenbilanz ziehen und im Rahmen eines gemeinsamen Treffens mit deutschen Schiedsrichtern über Fehlentscheidungen und zukünftige Vorgehensweisen und Reglements diskutieren.
Doch auch für Fandel steht schon jetzt fest: „Wir müssen eine einheitliche Linie rein bekommen“. Besonders bei Handspielen im Strafraum scheinen Willkür und ständig wechselnde Entscheidungen bei den Schiedsrichtern zu dominieren.
Auch er plädiert daher für mehr Klarheit, aber auch gegenseitiges Verständnis. Während der Verteidigung würden sich Spieler naturgemäß breit machen und die Arme vom Körper strecken, blocken sie den Ball aber mit der Hand weg, sei das als Absicht zu werten.
Die Problematik besteht darin, dass Schiedsrichter ihre Entscheidung in der Dynamik des Spiel treffen müssen. In einer aufgeheizten Stimmung mit kochenden Emotionen und aufgewühlten Fans, Spielern und Trainern müssen die Unparteiischen immer noch einen klaren Kopf bewahren und sich nicht von der Umgebung irreführen lassen. In ebensolchen Situationen ist aber menschliches Versagen vorprogrammiert .
Torlinientechnik soll bei der WM 2014 für Klarheit sorgen
Ein wichtiger Wegweiser ist die Weltmeisterschaft in Brasilien. Dort finden bereits in der Gruppenphase alle WM Spiele unter Einsatz einer Torlinientechnologie statt. Ihr Einsatz wurde am 5. Juli 2012 vom International Football Association Board (IFAB) beschlossen. Die Torlinientechnik soll anhand technischer Hilfsmittel überprüfen, ob der Ball die Torlinie als Ganzer überquert hat, oder nicht. Die Einführung technischer Hilfsmittel im Fußball wird kontrovers diskutiert. Besonders Schiedsrichter und Trainer begrüßen die Torlinientechnik und argumentieren, dass dadurch den Referees der enorme Druck bei ihren Entscheidungen abgenommen und diese nicht als reine Willkür gewertet würden. Gegner befürchten jedoch, dass zu viel Technik den Fußball entemotionalisiert und seinen Zauber zunichte macht, der gerade aus aufbrausenden Emotionen und hitzigen Debatten seinen Reiz bezieht. UEFA-Präsident Michel Platini gehörte zu den schärfsten Kritikern. Im Februar 2013 wurde von der FIFA aber der Einsatz der Torlinientechnik bei der WM 2014 in Brasilien bekanntgegeben. Es ist das erste WM Turnier, wo sie zum Einsatz kommt.
Schiedsrichter Felix Brych fährt trotz seiner Fehlentscheidung beim „Phantomtor“ zur Fußball-WM 2014 in Brasilien. Der 38-Jährige steht auf der Liste des Weltverbandes FIFA, die am Mittwoch bekanntgegeben wurde. Insgesamt nominierte die FIFA 25 Schiedsrichtertrios und acht sogenannte Support-Duos. Als entscheidend gelten bei der Auswahl der Unparteiischen die Persönlichkeit und das Fußballverständnis. Hinzu kommt das Vermögen, das Spiel und die Taktik zu analysieren und innerhalb kurzer Zeitspannen entsprechend auf beide zu reagieren.
Bis zur WM stehen für die Referees im Februar, März/April sowie zehn Tage vor Anpfiff noch drei Seminare auf dem Programm. Die aufgebotenen Unparteiischen werden laut FIFA in dieser Zeit regelmäßig betreut und überwacht.