Deutschland trifft im WM-Finale auf Argentinien! Die Gauchos setzten sich im zweiten, über weite Strecken gähnend langweiligen und Höhepunkt-armen Halbfinale mit 4:2 im Elfmeterschießen durch. Zuvor gab es 120 Minuten kaum zu ertragenden Anti-Fußball und ein Spiel, dass einem WM-Halbfinale in keinster Weise würdig war. Angesichts der gebotenen Leistungen kann der Favorit am Sonntag nur Deutschland heißen.
Nach einem unansehnlichen Fußballspiel in der Arena de Sao Paulo musste der Endspielgegner im zweiten Halbfinale zwischen Argentinien und den Niederlanden im Elfmeterschießen ermittelt werden. Und hier hatten die Südamerikaner die besseren Nerven und mit Segio Romero den Matchwinner im Kasten. Denn der Torhüter parierte die Elfer von Ron Vlaar und Wesley Sneijder, während alle Argentinier vom Punkt trafen. Somit kommt es am Sonntag im legendären Maracana Stadion von Rio de Janeiro zum Finale Deutschland Argentinien – mal wieder! Denn beide Nationen standen sich schon zweimal gegenüber und bestreiten nun ihr drittes WM-Endspieler – Rekord! Im Finale 1986 behielten die Gauchos mit 3:2 die Oberhand, 1990 gewann Deutschland mit 1:0. Für Sonntag ist die DFB-Elf in der Favoritenrolle zu sehen, aber das will bekanntermaßen rein gar nichts heißen.
Dem deutschen 7:1-Spektakel folgte unerträglicher Anti-Fußball
Wie unterschiedlich Fußball doch sein kann: Bot Deutschland noch am Dienstag beim historischen 7:1-Schützenfest gegen Brasilien ein unfassbares Spektakel, wurde den 63.267 Zuschauern in Sao Paulo im zweiten Halbfinale zwischen Holland und Argentinien ein extrem schwacher Gähn-Kick geliefert, der an Langeweile kaum zu übertreffen war. Beide Teams agierten sehr vorsichtig und ängstlich und waren in erster Linie um Fehlervermeidung bemüht. Risiko wurde komplett gescheut, was zumindest angesichts der Bedeutung eines Halbfinales bei einer Weltmeisterschaft zumindest ansatzweise nachvollziehbar ist. Auch die beiden Superstars Arjen Robben oder Lionel Messi passten sich dem Leistungsniveau ihrer Mitspieler an und konnten dem Spiel nicht ihren Stempel aufdrücken. Zumindest konnte Messi (15.) immerhin mit einem strammen Freistoß aus 20 Metern für den einzigen Höhepunkt im ersten Durchgang sorgen, doch Oranje-Keeper Jasper Cillessen parierte die Kugel souverän. Ansonsten hatte Messi, den Holland-Trainer Louis van Gaal durch Nigel de Jong und dann später Jordy Clasie in Manndeckung nehmen ließ, einen schweren Stand. Beide Defensivreihen standen sehr sicher und stabil und hatten mit den harmlosen Angriffsbemühungen des Gegner keinerlei Probleme. Dabei fand auch Star-Stürmer und Hoffnungsträger Robin van Persie im Spiel der Elftal überhaupt keine Bindung zum müden Gekicke auf dem Rasen. Der Halbzeitpfiff glich schon fast wie eine Erlösung.
Gauchos und Oranje bieten nach dem Wechsel weiter Magerkost
Doch wer glaubte, dass es im zweiten Durchgang nun etwas munterer zu Werke gehen würde, sah sich leider getäuscht. Beide Teams hielten an ihrer defensiven Ausrichtung fest und zu allem Überfluss der Zuschauer setzte dann auch noch Regen in Sao Paulo ein, der der Stimmung auf den Rängen nicht
förderlich war. Doch allen widrigen Umständen zum Trotz vertrieben sich zumindest die Gaucho-Fans mit Schmähgesängen in Richtung Brasilien die Zeit, indem immer wieder laut bis „7“ (in Anlehnung an die 1:7-Pleite gegen Deutschland) gezählt oder Maradona, der besser als Pele sei, gehuldigt wurde. Chancen blieben auf dem Rasen weiter Mangelware, wobei Gonzalo Higuain (58. / 73.) einen Treffer noch am nächsten kam. In der Nachspielzeit ließen die Holländer, die bis dahin nicht einen Schuss auf den gegnerischen Kasten bringen konnten, kurz aufblitzen, was sie eigentlich leisten können, doch nach einem schönen Doppelpass mit Sneijder wurde Robbens Schuss (90.+1) gerade noch Javier Mascherano geblockt.
Spiel | Datum - Uhrzeit | TV | Spielort | Team 1 | Team 2 | Ergebnis |
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HF 1 | Di. 08.07. 22:00 | ZDF | Belo Horizonte | Brasilien | Deutschland | 1:7 (0:5) |
HF 2 | Mi. 09.07. 22:00 | ARD | Sao Paulo | Niederlande | Argentinien | 2:4 (n.E.) |
In der Verlängerung zog aber die gewohnte Langweile wieder ein und Anti-Fußball hatte Hochkonjunktur. Beide Teams neutralisierten sich im Mittelfeld und schienen sich insgeheim schon auf das Elfmeterschießen geeinigt zu haben – bis zur 115. Minute. Nach einem langen Ball tauchte plötzlich Rodrigo Palacio völlig frei vor Cillessen auf, der aber mit einem an Harmlosigkeit nicht zu übertreffenden Kopfball scheiterte. Zwei Minute später bewies auch Maxi Rodriguez bei einer Volley-Abnahme technische Mängel. So ging es ins Elfmeterschießen.
Gaucho-Keeper Romero wird im Elfer-Krimi zum Helden
Anders als im Viertelfinale gegen Costa Rica wechselte Bondscoach van Gaal aber nicht Ersatztorwart Tim Krul ein, da das Wechselkontingent bereits erschöpft war. Während Cillessen keinen Strafstoß von Messi, Ezequiel Garay, Kun Agüero und Rodriguez halten konnten, parierte Romero die Elfer von Vlaar und Snejder und die Albiceleste gewann die Elfmeter-Lotterie mit 4:2.
Damit verpasste die Niederlande nach 1974, 1978 und 2010 den Sprung ins vierte Finale und muss weiter auf den ersten WM-Titel warten. Um den werden am Sonntag Deutschland und Argentinien kämpfen.
Stimmen nach dem Spiel:
Alejandro Sabella (Trainer Argentinien): „Ich empfinde große Freude, es war ein schwieriges Spiel. Wir haben eine geschlossene Mannschaftsleistung geboten. In der Schlussphase hätten wir fast das Siegtor geschossen. Wir haben schon zweimal die WM gewonnen und erwarten den dritten Titel. Wir werden hart arbeiten und 100 Prozent geben, um den Titel zu erringen.“
Louis van Gaal (Trainer Niederlande): „Wir haben ein fantastisches Turnier gespielt. Wir haben mehr erreicht als irgendwer gedacht hat. Aber in einem Turnier musst Du ein Tor mehr schießen als der Gegner. Das haben wir nicht getan. Wir haben auch viel weniger Chancen rausgespielt als in den Spielen zuvor. Argentinien hatte auch nicht viele Chance, wenn überhaupt eine. Es war ausgeglichen. Es war ein taktisches Spiel.“
Javier Maschereno (Argentinien): „Ich denke, wir haben es verdient zu gewinnen. Es kommt immer auch ein wenig aufs Glück an. Wir haben ein gutes Spiel gemacht und sind sehr stolz auf uns. Wir haben hundert Prozent gegeben, das ganze Turnier, deswegen haben wir es verdient, im Finale zu stehen. Wir werden unser Bestes geben. Wer will nicht im Finale gewinnen? Es wird das wichtigste Spiel in unserer Karriere, für uns alle. Wir müssen besser spielen als heute, mental stark ins Spiel gehen. Wir wissen, dass Deutschland ein sehr gutes Team hat. Wir haben so viele Jahre gelitten, jetzt hat sich alles gelohnt. Wir sind da, wo wir hin wollten.“
Sergio Romero (Argentinien): „Deutschland ist ein großer Rivale, sie spielen sehr gut. Wir werden uns auf ein hartes Spiel einstellen müssen.Heute habe ich mal meinen Mitspielern geholfen, die mir oft mit ihren Toren geholfen haben.Wir haben vorher gesagt, dass wir alles für dieses Trikot geben werden.“
Arjen Robben (Niederlande): „Es tut weh. Wir haben alles gegeben. Wir gewinnen zusammen, und jetzt verlieren wir auch zusammen. Es zählt nur der Titel. Besonders traurig ist es für die Fans zu Hause, die uns so toll unterstützt haben.“
Wesley Sneijder (Niederlande): „Wir hätten heute Abend mehr verdient gehabt. Das schmerzt sehr.“
So geht es weiter mit dem Finale und Spiel um Platz drei
Bis Samstag ist nun erstmal WM-Pause und die Teams können regenerieren und sich auf das kleine und große Finale vorbereiten. Am Samstag steht das – eher unbedeutende – Spiel um Platz 3 auf dem Programm. In der Hauptstadt Brasilia kommt es ab 22.00 Uhr zum Duell zwischen Brasilien und Holland, in der sich die Selecao für die 1:7-Klatsche gegen Deutschland rehabilitieren und den Fans einen versöhnlichen Abschied bieten will. Am Sonntag steigt dann das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien. Anpfiff im Maracana in Rio de Janeiro ist bereits um 21.00 Uhr, wobei die ARD wird bereits ab 18.10 Uhr mit der Vorberichterstattung beginnen.